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Vom Dschungel Perus zum Pazifik

Seit Freitag, den 1. März fuhren wir auf der Straße 28B. Nein, noch mal: Seit drei Tagen und bestimmt insgesamt 20 Stunden Fahrzeit kämpften wir uns Kilometer für Kilometer über einen mit Geröll überschütteten oder mit Flüssen und Wasserfällen überspülten Serpentinenweg quer durch den Dschungel. Da war viel Konzentration und Glück gefragt, denn für entgegenkommende Fahrzeuge war eigentlich kein Platz.

Überall traten Löcher im Boden oder direkt am Abhang auf. Man hätte in den vereinzelten Dörfchen ganze Bananenstauden, kiloweise Kakaobohnen und lebendige oder gekochte Hühner kaufen können. Aber die Landschaft abseits der Straße war faszinierend. Die Straße folgte größtenteils dem Rio Urubamba, dem heiligen Fluss der Inka, der später in den Amazonas mündet. Beiderseits des Flusses ragten die dicht bewachsenen Berge auf.

Händler mit Kakaobohnen

Am Sonntag, den 3. März wurde unser Auto auch noch im strömenden Regen gestoppt und auf Drogen und Waffen kontrolliert.

Nachmittags beschossen uns in kleinen Dörfchen die Kinder mit Wasserbomben oder direkt mit dem Wasserschlauch. Dann hieß es immer ’schnell Fenster zu‘. Super, kostenlose Autowäsche. Das ganze scheint hier aber eher mit dem Karnevalsabschluss zu tun zu haben, schließlich war Faschingswochenende.

Im Dunkel erreichten wir den Ort Kimbiri, in dem wir eigentlich essen und unser Nachtlager aufschlagen wollten. Doch wir merkten sofort, dass wir hier keine Ruhe finden werden. Die große Plaza des Ortes war gefüllt mit Zuschauern der Karnevalsfeier. Auf einer großen Bühne saß, wie in Deutschland, die Karnevalsgesellschaft mit verkleidetem Prinzenpaar, aber auch eine indigen gekleidete Sprecherin. Davor traten bunt gekleidete Tanzgruppen mit Sänger- und Musikerkombo auf.

Wir sahen uns das Spektakel von einem Café aus an. Dort gab es frisch gepressten Ananas- und Papayasaft sowie Sandwiches. Wir waren ziemlich müde vom Tag und verließen die Feier kurz danach, um außerhalb des Orts einen Schlafplatz zu suchen.

Die Silhouette von Kimbiri war nach einer regnerischen Nacht in Nebel getaucht. Da es sonst trocken war, wollten wir am Montag, den 4. März draußen frühstücken. Fehler! Der Nebel und ein starker Regen zog zu uns, gerade als das Frühstück fertig bereitet und Schlafsack und Decken zum Trocknen auf den Vordersitzen ausgebreitet lagen. Wir aßen also halb geschützt unter der Kofferraumklappe. Der Regen verstärkte sich so sehr, dass wir mit dem Regenwasser abwaschen konnten. Schnell gaben wir auch die Hoffnung auf, dass der Regen uns eine Pause zum geordneten Verstauen geben würde. Also stopften wir alles gerade so ins Auto, dass auch wir noch hinein passten und fuhren los.

Die Straße war langsam selbst zum Fluss geworden. Schon bei gutem Wetter war es schwer einzuschätzen, welchem Hindernis man ausweichen muss und wo man einfach drüber fahren kann. Nun war aber völlig unklar, ob eine Pfütze fünf oder fünfzig Zentimeter tief ist. Langsam und mit viel Respekt vor den Hängen quälten wir uns also weiter in Richtung Pazifik. Überall lagen große Steinbrocken und Schutt auf der Straße. Auch vereinzelte Bäume waren abgestürzt.

In einem Dorf stoppten uns Soldaten. Im Regen mussten wir aussteigen. Sie kontrollierten unser Auto mit einem Spürhund auf Drogen und Waffen. Sie begründeten diese Prozedur damit, dass wir in einer Region mit Drogenkartellen und Terrorismus seien. In dieser Dschungelregion verstanden wir das Spanisch der Einheimischen schlechter als jemals zuvor auf unserer Reise, was auch die Kontrollen sehr mühsam machte. Ein Soldat fragte uns etwas, was für uns beide so klang, wie ob wir noch einen Moment für tiefgehenden Kontrollen Zeit hätten. Wir bejaten und kurz brach Panik bei den Herren aus. Wir hatten wohl die Frage nach Waffen bejat. Nachdem dieses Missverständnis aber schnell geklärt war, durften wir auch weiterfahren. Kurze Zeit später rollten wir in einen Stau hinein. Viel Geröll war den Hang hinter gekommen und verhindere die Weiterfahrt.

Schon hatte sich eine Traube von Damen und jungen Mädchen um uns gebildet, die Schokoriegel, gekochten Fisch, Kartoffeln und Eier verkaufen wollten. Alex kaufte Bananenchips und Popcorn und wir sahen die neuste Folge Neo Magazin Royal an. Nach 45 Minuten konnten wir den Weg passieren. Nun begann der Kampf der Raser, ob in Kurven mit und ohne Geröll, zu überholen. Ziemlich gefährliche Szenen spielten sich auf der Straße ab. Ein Glück wurde sie nun Zweispurig, was die halsbrecherischen Manöver nur noch halb-wahnsinnig erschienen ließ.

Immer wieder kamen wir an Männer vorbei, die die Wege von Steinen freiräumten. Bedrückend waren jedoch die Momente, als Kinder große Steine auf die Straße schleppten, um Geld als Wegezoll zu erbetteln.
Langsam kämpften wir uns wieder die Berge hinauf. Nachdem wir die letzten Tage auf unter 1.000 Meter verbracht hatten, kamen wir wieder in uns bekannte Gefilde über 3.000 Meter über dem Meeresspiegel. Die schwül-warmen Temperaturen und der Dschungel waren passé und karge Berglandschaften mit Schafen prägten nun wieder das Landschaftsbild. Die Temperaturen fielen minütlich bis auf 9 Grad.

Wow, wir kamen am Ort vorbei, an dem 1824 General Sucre und seine Mitstreiter die Unabhängigkeit Perus von Spanien erklärt haben. Heute steht dort der Obelisk ‚Santuario Historico de la Pampa de Ayacucho‘.

In Ayacucho machten wir einen Mittagsstop. Die Stadt war ganz hübsch bunt mit Luftschlangen, Hüten und Musikinstrumenten geschmückt. Wir hatten das Glück, vom Restaurant aus ein bisschen von ihrem Karnevalsumzug beobachten zu können.

Nach Ayacucho kamen lange Zeit keine Touristen, weil nicht nur die Straßenverbindung in diese abgelegene Andenregion schlecht waren, sondern dort auch die Brutzelle des leuchtenden Pfads, einer national agierenden Terrorzelle war. Nur gut, dass diese Zeit vorbei ist, denn die Stadt mit ihrer großen Plaza, vielen Kirchen und gemütlichen Einkaufsstraße ist wirklich sehenswert.

Außerhalb Ayacuchos schlugen wir unser Nachtlager etwas Abseits der Fernstraße auf. Und doch bekamen wir in der Nacht Besuch von zwei Polizisten, die uns fragten, warum an einem so gefährlichen Ort und nicht in der Stadt übernachteten. Unser Argument, dass es hier schön ruhig sei, überzeugte die beiden so wenig wie uns ihre Theorie, dass es in der Stadt sicherer sei. Am Ende durften wir bleiben und blieben den Rest der Nacht unbehelligt.

Am Dienstag den 5. März fiel uns auf, dass wir in genau zwei Monaten wieder in Berlin landen werden. Doch ein bisschen wollen wir noch sehen, darum zog es uns früh wieder auf die Straße, um am frühen Nachmittag Paracas an der peruanischen Atlantikküste zu erreichen, wo wir uns für zwei Tage ein Hostelzimmer gebucht hatten. Auf dem Weg dorthin galt es aber noch, auf zum Glück gut ausgebauten Gebirgspässen in über 5000 Meter Höhe die Anden zu überqueren.

Im Tal änderte sich von einem Moment zum Anderen die Landschaft. Eine Wüste tat sich am Horizont auf und schon fanden wir uns zwischen Palmen und weiten Sandflächen wieder. Wir mussten beide sofort an unsere Eindrücke in Ägypten denken.

Im Hostel angekommen, gingen wir bei nun 37 Grad Außentemperatur im Pool auf Tauchstation. Am Morgen waren es 7 Grad und nun 30 Grad wärmer. Verrückt!

Am späten Nachmittag räumten wir unser Auto leer und trugen alles – sogar die Holzkonstruktion, die uns als Bett dient – in unser Zimmer. Das muss schon seltsam ausgesehen haben. Dann brachten wir das Auto zur Innen- und Außenwäsche. Zeit wurde es wirklich. Wir genossen derweilen die Landesspezialität: Ceviche (kalter Fisch mit Zitronensaft, Kräutern und Zwiebeln).

Am Mittwoch den 6. März brachen wir nach einem leckeren Frühstück mit frischem Maracuja-Saft und warmen Brötchen auf in die nahegelegene Stadt Pisco.

Pisco erlebte 2007 ein schweres Erdbeben, das viele Menschenleben kostete und zahlreiche Gebäude zerstörte. Am zentralen Plaza der Armas zeugt der stark beschädigte und noch immer verriegelte Palacio Municipal von der Zerstörung.

Direkt daneben steht ein Kirchenneubau. An dieser Stelle starben beim Einsturz der alten Kirche knapp 90 Menschen, in ganz Pisco waren es um die 200.

Wir schauten uns auch noch den städtischen Friedhof an. Auch hier ist das Datum des Erdbebens, der 15. August 2007, häufiger zu finden.

Anschließend ging es weiter durch die Innenstadt und Mittags in ein Fischrestaurant, um abermals die regionale Spezialität Ceviche zu genießen.

Außerdem gönnten wir uns einen Cocktail, für den die Stadt Namensgeber ist (Anmerkung: die Chilenen besitzen wohl auch einen Ort namens Pisco und beanspruchen selbiges für sich). In jedem Fall ist der Pisco-Sour (Traubenschnaps, Limettensaft und Eiweiß) in beiden Ländern sehr beliebt und schmeckt auch uns.

Anschließend fuhren wir wieder ins Hostel, um das gute Wetter und den Pool auszukosten. Außerdem müssen wir das Auto ja wieder einrichten. Morgen wollen wir uns das Naturschutzgebiet Reserva Nacional de Paracas ansehen und anschließend geht es weiter südlich in Richtung Chile.

Hier könnt ihr nachverfolgen, wo wir schon waren und gerade sind: https://www.polarsteps.com/AlexEcke/1155771-sudamerika

3 Kommentare

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Ihr Lieben!Das war ja wieder ein Erlebnis mit der Polizei Kontrolle.Wir sind ja so froh ,daß Ihr alles gut hin bekommen habt, mit der Sprache .Wir hoffen sehr,daß alles gut weiter geht und die schwierigen Straßenverhälnisse sich bessern. Liebe Grüße von der Familie an Euch zwei

Hallo Ihr zwei!
Bitte nehmt euch in Peru lieber ein Hostelzimmer, statt wild zu campen. Das ist sehr gefährlich!
Toni

P.S. Im Übrigen ist die Gegend um Kimbiri und Ayacucho Hauptanbaugebiet für Coca und Drogenhandel. Die Regierung hat dort aufgrund des Kampfes gegen letzteren den Notstand ausgerufen.
Den Sendero Luminoso gibt es zwar nicht mehr, aber durchaus einzelne versprengte Gruppen, die sich nun auf Drogengeschäfte konzentrieren. Zwei davon ehemals führende Köpfe des leuchtenden Pfades. Falls ihr sie gesichtet habt: Die USA haben 5 Millionen Dollar Belohnung für sachdienliche Hinweise ausgesetzt…

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