Nach einem 20-minütigen Fußmarsch durch Itacaré und fünf Stunden Busfahrt in einem wenig komfortablen Bus gelangten wir am späten Nachmittag des 24. Aprils zur Fähre in Bom Despacho. Langsam schipperten wir von dort aus über die Bucht Bahia de Todos os Santos. Dabei ging die Sonne unter und die Silhouette der 2,7 Millionenstadt Salvador de Bahia tauchte am Horizont auf.
Es sollte unsere letzte Station im Nordosten Brasiliens werden.Die Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Bahia ist wie keine andere Stadt durch die afrikanische Kultur der einst als Sklaven nach Brasilien verschleppten Menschen geprägt. Die Portugiesen verschifften etwa 3,5 Mio. Sklaven in den Jahren zwischen 1550 und 1888 nach Brasilien. Dort zwang man sie zu harter Arbeit in Plantagen und Minen. In Salvador wurden musikalische, kulinarische und religiöse Traditionen über Generationen weitergeben und sind heute noch an allen Ecken spürbar. Von 1549 bis 1763 hieß sie Capital de Alegria, also die Hauptstadt der Freude und war somit die erste Hauptstadt der portugiesischen Kolonie. Unsere Unterkunft befand sich mitten in der Cidade Alta (Oberstadt) mit unzähligen, noch gut erhaltenen Kolonialbauten. Wir wohnten bei einer Großfamilie und hatten ein eigenes Schlafzimmer und Bad mit kalter Dusche, aber ohne Badezimmertür. 😉 Dafür hatten wir vom Zimmer aus jeden Abend einen tollen Blick über Salvador und das Sternenzelt.Mit hohem Bewegungsdrang nach dem vielen Sitzen marschierten wir gleich noch ein paar steile Straßen mit Kopfsteinpflaster hinauf in den Stadtteil Pelourinho. Früher peitschte man an diesem dreieckigen Anstieg Sklaven aus. So heißt der Ort noch heute übersetzt „Pranger“. Heutzutage ist der Anstieg der Eintritt in die schön sanierte Altstadt. Bereits 1985 ernannte man diesen Teil der Stadt zum UNESCO-Weltkulturerbe.In Pelourinho kamen wir an einigen Straßenbars, Ateliers sowie ein paar Musikern mit Trommeln und Blasinstrumenten vorbei. An jeder Ecke standen Polizeigrüppchen, die darauf achteten, dass alles in geordnet Bahnen verlief. Wir kehrten in einem Lokal ein, welches mit Rumfässer dekoriert war. Auch die Stühle und Tische waren aus schönem braun-roten Holz. Apropos, der Name Brasilien stammt vom Rotholz (Brasilholz).
Alex nahm dort zum Abendessen Falafelbällchen gefüllt mit Hackfleisch und dazu eine Salsa aus Tomaten. Für Anni gab es eine Caldo verde (grüne Suppe). Mhm, es schmeckte wie eine gute deutsche Kartoffelsuppe mit viel Speck. Ohne Fleisch geht’s wohl in Brasilien auch nicht 😉Danach schlenderten wir noch etwas durch die schön beleuchtete Altstadt. Wir kamen u.a. am Platz Terreiro de Jesus mit Wasserfontänen vorbei. Dort tanzten Jugendliche sich gegenseitig ihre neusten Tanzmoves vor. Von einem Stadtmirrador hatten wir auch einen herrlichen Blick zum schön beleuchteten Krankenhaus Lar Franciscano.Am Donnerstag besuchten wir den ehemaligen Kathedralplatz Praca de Sé, der leider gerade durch Bauarbeiten schlecht einsehbar war. Dort stand auch die über und über mit Gold verzierte Catedral Basilica. Mit Erzbischofssitz ist sie seit 1933 der zentrale Repräsentationsplatz des Vatikans in Brasilien.Anschließend liefen wir zur Kirche Igreja e Convento Sao Francisco. Nach einem viel zu niedrigen Eingangsbereich für die prächtig-verzierte Decke gelangten wir zum Kreuzgang des Konvents. 1723 fertiggestellt, ist er seitdem mit schönen handbemalten, blau-weißen Fließen überzogen. Diese stammen aus Portugal. Jedes zusammenhängende Bild zeigt eine Tugend, die wohl die Bewohner des Konvents beherzigen sollten. Uns fiel auf, dass alle Abbildungen vom Gevatter Tod ausgekratzt bzw. undeutlich gemacht waren.Danach durchschritten wir die zum Konvent gehörige barocke Kirche, die wohl eine der prächtigsten Kirchen in ganz Brasilien ist, laut Reiseführer. Puh, dort gab es einen 80 kg schweren Kronleuchter aus Silber und jede Menge dicke Puttenengel.Das Konvent besitzt auch eine beachtliche Sammlung von historischen Münzen und Briefmarken. Die stellten sie auch in einem Raum aus.
Danach liefen wir zum Platz Palacio Rio Braco. Dort befindet sich der ehemalige Regierungssitz von Bahia. Vom ersten Stock aus hatten wir einen schönen Blick über die Unterstadt mit Hafen.Drei Schritte weiter kamen wir zum Postkartenmotiv von Salvador: der Fahrstuhl Elevador Lacerda. Bereits 1610 hatten die Jesuiten an dieser Stelle den ersten manuell betriebenen Seilzug für Waren und Passagiere installiert. 1868 erweiterte man diesen um eine Stahlkonstruktion mit Dampfmaschine und stellte ihn 1928 mit elektrischem Aufzug fertig. Damals wie heute verbindet er die Oberstadt mit dem geschäftigen Hafen. Auch für uns ging es in 30 Sekunden 72 m tiefer. Leider ermöglichte die mit Stahl verkleidete Aufzugkabine keinen Blick nach Außen.Von dort aus gelangten wir in einem Katzensprung zur zweistöckigen Markthalle Mercado Modelo. Einst hielt man darin Sklaven gefangen. Nun gab es dort eine Aneinanderreihung von immer gleichen, langweiligen Souvenirständen und einem Restaurant mit viel zu überteuerten Preisen. Wir entschieden deshalb außerhalb des Marktes bei einer anscheinend netten Frau mit vielen Töpfen zu essen. Sie bot Acarajé (frittierte Brätlinge aus Bohnen mit getrockneten Schrimps und verschiedenen Salsas aus Chili, Jalapenos, Käse und Püree) an.Die Dame wollte für zwei Kugeln umgerechnet 5 Euro von uns – der alte Fehler, nicht vorher nach dem Preis zu fragen. Ganz schön teuer, dachten wir und es schmeckte auch nur so lala. So wie wir aus der Ferne verstanden, mussten die nächsten zwei einheimischen Kunden für zwei Acarajé nur 1,50 Euro bezahlen. Auch das ist Südamerika.
Abends in der Stadt sahen wir sogar ein Schild auf dem ein Acarajé nur 25 Cent kostete. Haha, na da haben wir wohl den vollen Touristenpreis bezahlt. ;-)Danach legten wir einen kleinen Gewaltmarsch durch die Hitze und entlang des Ozeans hin. Dabei kamen wir an zwei kleineren Kirche mit kleinen Balkonen im Kirchenschiff vorbei.Abschließend erreichten wir das Stadtviertel Barra mit vielen Stränden und der Festung Santo Antonio, welche bereits 1598 entstand. Unerwartet sah uns kurz darauf die Büste von Stefan Zweig an, der in Brasilien im Exil lebte.Außerdem befindet sich in Barra der weithin sichtbare, 22 m hohe Leuchtturm, der Farol de Barra. Er ist wohl der älteste Leuchtturm Südamerikas.Wir gönnten uns eine Kokosnuss. Danach brachte uns ein Bus wegen Feierabendverkehr ziemlich langsam auf die Halbinsel Itapagipe, ein nördlicher Stadtbezirk von Salvador. Dabei rauschten wir an großen Kokosnussverkaufsstellen und -transportern vorbei.In Salvador sind an vielen Türen, Häusern oder in den Autos bunte Bänder, sogenannte Fitas, zu sehen. Sie stammen von der Kirche Igreja Nosso Senhor do Bofim. Sie sind nicht nur das Symbol der Kirche, sondern vom ganzen Bundesstaat Bahia. Im April 1754 eröffnet, versprechen sich die Gläubigen von der Kirche noch heute Wunderheilung. Deshalb ist sie für brasilianische Katholiken ein bedeutender Wallfahrtsort.Als wir an diesem Abend dort ankamen, wurde gerade mit Gesang, Klatschen und Winken Andacht gefeiert.Auch wir banden mit jeweils drei Knoten für drei Wünsche zwei Bänder an den Zaun der Kirche. Soweit sich unsere Bänder irgendwann von selbst lösen, gehen unsere Wünsche in Erfüllung. Eine schöne Tradition.Dann liefen wir durch ein paar Favela-Gassen, die in bestimmt keinem Reiseführer stehen, und erreichten einen kleinen Fischerhafen, wo wir den Sonnenuntergang mit zwei kreisenden Fledermäusen genossen.Einen kleinen Wunsch von Alex, in Brasilien in einer Churascaria (Buffetrestaurant mit Fleischspießen) zu essen, konnten wir an diesem Abend auch erfüllen. Dort brachte man im Abstand von ein paar Minuten frisch gebratene Fleischspieße mit Würstchen, Hühnerbeinen und Filetstücken von Schweine- und Rindfleisch direkt an den Tisch.Zurück in der Altstadt hörten wir aus einem Theater, aber auch so ab und zu aus ein paar Häusern, Trommelklänge und Gesangseinlagen.
Um weiter in die Kultur einzutauchen, besuchten wir am Freitagmorgen (26. April) das Afro-Brasilianische Museum. Wir sahen interessante Figuren, Holzschnitzereien, Kostüme und Artefakte, welche die Vielfalt der brasilianischen und afrikanischen Kunst zeigten. Leider waren die meisten Texte auf Portugiesisch, sodass wir nicht alle Zusammenhänge verstanden.
Im letzten Raum hangen 27 geschnitzte Holztafeln mit Figuren und Tieren des Künstlers Carybé. Sie zeigten eine Art spirituelle Schutzgeister.Es gibt noch ein weiteres Museum zur Afro-brasilianischen Kultur in Salvador. Nachdem sie auch bei unserem zweiten Besuch nicht geöffnet hatten, fotografierten wir nur den schön-gearbeiteten Stahlzaun und gingen weiter.Um in die Unterstadt zu gelangen, nutzten wir diesmal eine Standseilbahn. Diese rollte langsam die Schienen herunter und wir hatten einen netten Ausblick.Dann nahmen wir nochmal einen Bus nach Barra. Dort besuchten wir ein großes Shopping-Center, das sich aber nicht von denen in Europa unterschied.
Außerdem wollten wir am Strand entspannen. Wir probierten dort Rambutão-Früchte aus.Sie hatten eine weiche Stachelschale, die man wie bei einer Litschi wegdrücken konnte. Im Inneren befand sich ein leicht bitterer Kern, ähnlich einer Mandel, die mit einem nach Birne schmeckendem Fruchtfleisch ummantelt war. Auch eine tolle Fruchterfahrung!
Über uns flogen dabei die Flugzeuge hinweg und Alex erkundigte sich im Internet über unseren dreistündigen Flug von Salvador nach Rio am Folgetag. Doch was war das? Unseren und viele andere Flüge hatte unsere Airline gecancelt. Weder von ihnen noch von unserem Reiseveranstalter hatten wir darüber eine Benachrichtigung erhalten. Auch der sofort angerufene Kundenservice konnte für uns keinen neuen Flug in den kommenden zwei Tagen organisieren.
Also bissen wir in den sauren Apfel und buchten eine Bustour für den kommenden Morgen. Aus den drei Stunden Flug sollten also 30 Stunden Bustour werden. Wirklich niedergeschlagen, konnten wir wenigstens die erste Nacht in unserer Unterkunft in Rio de Janeiro kostenlos stornieren.
Danach ließen wir unsere Gedanken im Wasser kreisen und schwammen noch einmal im warmen Ozean direkt bei der schönen Burg von Santo Antonio. Einheimische und Touristen applaudierten, als die Sonne über dem Meer unterging.Nicht weit von unser Wohnung fanden wir zum Abendbrot einen mobilen Pizzastand. Im Kofferraum eines Autos hatte der Pizzabäcker einen Pizzaofen installiert. Die Pizza hatte einen unschlagbaren Preis, bei dem man in Deutschland nur ein Pizzastück statt einer ganzen Pizza erhält. Zudem fanden wir sie recht knusprig und sie schmeckt ähnlich gut wie ein Flammkuchen.
Zum Andenken an den spannenden Aufenthalt im Bundesstaat Bahia kauften wir zwei kleine, farbenfrohe Bilder von unbekannten Künstlern in einem mit Bildern übervollen Kunstatelier.Am nächsten Morgen packten wir viel Proviant ein und fuhren mit einem Ubertaxi zum Busbahnhof von Salvador, der eine ähnliche Größe wie ein Flughafen besaß.
Pünktlich fuhr der Bus mit recht komfortablen Sitzen und Klimaanlage los. Vor und hinter uns setzten sich leider drei Herren mittleren Alters, die sich lautstark durch den ganzen Bus unterhielten, nein eher fröhlich lachend anschrien. Sie erinnerten uns irgendwie an Jugendfahrten, bei denen einer mal zum Rauchen auf die Bustoilette rennt, die Rum-Cola-Mische (später am Tage Rum ohne Mischen) herumgeht und sich der nächste kleinlaut mit dem Busfahrer anlegt.
Wir setzten einfach unsere Kopfhörer auf und versuchten sie auszublenden, was ganz gut klappte. Schlechter hatten es die anderen Gäste, die natürlich ihre Gespräche verstanden. Leider feierte sie bis zum frühen Morgen weiter und nervten alle anderen wirklich netten Mitreisenden und uns.Wir fuhren am Samstag landeinwärts durch eine hüglige Landschaft immer weiter in Richtung Süden. Dabei kamen wir an trockener, savannenartiger Vegetation mit gedrungenen Bäumen, Palmen, stacheligen Büschen, Gräsern, Kakteen und hohen Felsformationen vorbei. Auf eingezäunten Wiesen weideten ab und an Rinder. Durch ihren Vertritt und Frass legten sie den rot-braunen Boden frei. Manchmal durchquerten wir fruchtbare Flächen mit kleinen Wassergruben und kleineren Siedlungen. Regenwald erspähten wir leider nicht mehr.Tagesdarauf erschien die nun ausgedehnten Wiesen schon satter und grüner. Es gab einige Plantagen, Bananenbäume, Bambusbäume, Neuaufforstungen und Reste von Regenwaldbäumen. Wir kamen gut voran und sollten gegen 16 Uhr Rio de Janeiro erreichen, wo wir unsere letzten Tage in Südamerika verbringen wollen.
Hier könnt ihr nachverfolgen, wo wir schon waren und gerade sind: https://www.polarsteps.com/AlexEcke/1155771-sudamerika
2 Kommentare
Kommentieren →Ihr Lieben!Die Busfahrt war ja auch sehr abenteuerlich!Rio wird bestimmt Euch dafür entschädigen!Es soll ja eine herrliche Stadt sein!Alles Liebe und ganz liebe Grüße von der Familie!Einen guten Heimflug für Euch zwei!!!
Danke, danke, danke, dass ich fuer fast ein halbes Jahr Euer Begleiter auf einer wunderbaren und spannenden Reise sein durfte. Gute Heimkehr und Auf Wiedersehen.