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Atacamawüste, Geysire und Minenenstaub

Zur Sonntagsandacht kamen wir am 17. März genau richtig in die Hauptkirche der Bergbaustadt Calama auf über 2.600 m. Dort feierten gerade viele Gläubige Abendmahl mit Wein und Oblaten.

In den Läden der Fußgängerzone hing bereits die neue Herbst- und Wintermode aus. Schon verrückt, da es sich doch noch ganz wie Sommer anfühlte. Im Parkhaus hätte man während des Einkaufs sein Auto per Hand waschen lassen können. Was für ein Service.
Wir fuhren nach dem Einkauf immer weiter die Berge hinauf. Dabei kamen wir an mit Andengras bedeckten Schluchten, schneebedeckte Bergkuppen und ganz viel Wüstensand vorbei. Ein Vizcacha, ein kleiner 40 cm großer Hase, hoppelte an uns vorbei.
Unser Hals fühlte sich in der Wüstenwelt trocken an. Trinkwasser hatten wir uns mitgebracht, weil Leitungs- und Grundwasser natürlich in der Wüste nicht nur rar, sondern durch die vielen Minen hier auch hochgradig giftig ist.

Auf etwa 4.300 m über dem Meeresspiegel und 13 Grad Celsius hielten wir am Parkplatz zum höchstgelegenen Geysirfeld der Erde, dem Campo Geotérmico El Tatio. Ein Wüstenfuchs, der Zorro Culpeo, und drei kleine Vicunas kamen vorbei. Letztere waren kleiner als die uns bereits bekannten Guanacos aus der Pampa und sahen eher zierlich wie Rehkitze aus.

Wir kochten uns Eierreis mit Gemüse zum Abendbrot und dann ging es auch schnell ins Bett, denn minütlich sanken die Außentemperaturen.

Tausende Sterne und der Mond erstrahlten den Nachthimmel. Wir kuschelten uns näher aneinander, denn die Außentemperatur sanken bis auf -4 Grad. Unser Atmen war an der eiskalten Scheibe des Autos von innen gefroren und Eiskristalle hatten sich gebildet. Kurz nach 5 Uhr morgens standen wir dick eingepackt auf und hofften, dass der Motor ansprang. Ein Glück, das tat er sofort. Nachdem das Eis von der Frontscheibe durch die Autoheizung geschmolzen war, machten wir uns zu den Geysiren auf und hielten bei einem Parkplatz mit den meisten Geysiren des Parks. Minütlich füllte sich der Parkplatz mit Autos von anderen Frühaufstehern. Große Wolken aus Wasserdampf waberten hoch in den Nachthimmel. Vorbeifahrende Autos strahlten die Dampfwolken mystisch an. Als es dämmerte, stiegen wir aus und bestaunten dieses wundervolle Phänomen der Natur vom Nahen. Aus dem Boden brodelte zwischen 40 und über 80 Grad heißes Wasser. Es roch etwas nach Schwefel. Wir hatten gelesen, dass das Geysirfeld El Tatio mehr als 500 erforschte, kleine und große Geysire, blubbernde Löcher und Becken mit heißem Wasser umfasst. Kleine Wasserfontänen traten immer wieder aus dem Boden hervor und dann erloschen sie wieder.

Beim nächsten Haltpunkt kochte Alex schön wärmenden Tee und Kaffee für uns. Dabei kämpfte sich die Sonne hinter den Bergen hervor und wärmte unsere frierenden Knochen.

Nachdem die meisten offiziellen Tourenanbieter mit ihren Gästen abgereist waren, genossen wir ein Bad in einem warmen Thermalpool, der durch natürliches Wasser gespeist wurde. Das tat so gut!

Langsam stiegen die Temperaturen auf 13 Grad an und nach einem kleinen Frühstück fuhren wir weiter. Trotz Wüste kamen wir an sattgrünen Tälern mit Seen vorbei, woran sich Vicunas tummelten. Außerdem sahen wir wieder Flamingos, die in einem See nach Nahrung suchten.

Der nächste Fotostopp war ein tiefer Canyon, durch den sich ein mit Schilf bewachsener Fluss schlängelte.

Im „Tal“ d.h. auf 2.438 m angekommen, schlenderten wir durch den Touristenort San Pedro de Atacama. Restaurants und Reiseanbieter reihten sich aneinander. Von außen konnten wir uns die schöne Iglesia San Pedro ansehen. Sie gefiel uns gut, denn sie war allein aus traditionellen, heimischen Materialien wie Lehm, Stroh, Kaktusholz und Lederriemen als Nägel gebaut.

Lokale chilenische Küche in San Pedro zu finden war wirklich schwer. So aßen wir seit bestimmt 5 Monaten mal wieder Sushi. Mhmm. Die Rollen waren wirklich köstlich.

Danach wanderten wir den nahegelegenen Wanderweg zum Ausblick auf das Valle de la Muerte (Tal des Todes) hinauf. Die Berge sahen aus wie Kleckerburgen, die mit feinstem Pudersand bedeckt waren. Außerdem lag inmitten der Gebirgslandschaft eine große Sanddüne. Was für ein unwirklicher Ort.

Einen Schlafplatz fanden wir am ehemaligen Eingang ins Tal des Mondes. Am Abend waren wir ganz allein, nur der Wüstensand wirbelte um unser Auto und der Vollmond erstrahlte die Berglandschaft.

Nach einer sehr erholsamen Nacht erkundeten wir am Dienstagmorgen, den 19. März die Umgebung. Der ehemalige Eingang ins Tal des Mondes war durch schöne Felsformationen und ein ausgetrocknetes Flussbett gesäumt. Letzteres bedeckte keine zentimeterdicke Schnee-, sondern eine Salzschicht.

Danach fuhren wir zurück nach Calama, wo wir uns einer Tour durch die Mine von Chuquicamata, kurz Chuqui, anschlossen. Nach einer Probeschürfung Anfang des 20. Jahrhunderts fand man dort Kupfer. Kurz darauf entstand für über 20.000 Menschen eine große Bergarbeiterstadt mit Wohnhäusern, Bank, Schule, Krankenhaus, Theater, Stammkneipe, schöner Plaza mit Kirche, Spiel- und Sportstätten.
Die Mine, welche zunächst in amerikanischer Hand war, verstaatlichte man Anfang der 1970er Jahre und seitdem ist sie in chilenischem Besitz. Unter der Militärdiktatur Pinochets wurden die amerikanischen Firmen – als Dank für die amerikanische Hilfe bei der Beseitigung der Demokratie – entschädigt.

Mittlerweile ist sie die weltgrößte Kupfermine im Tagebau. Bis heute ist Chile der bedeutendste Kupferproduzent der Welt und die Chilenische Wirtschaft und Staatskasse enorm abhängig vom Kupfer.

Aufgrund von giftigen Gasen und Kupfervorkommen unter der Minensiedlung mussten jedoch alle Bewohner 2007 nach Calama umgesiedelt werden. Die Tour brachte uns also zunächst in diese Geisterstadt, in der trotz sehr guter Infrastruktur heute niemand mehr wohnt. Langsam begräbt der Abraum des Tagebaus Wohnhäuser und das ehemalige Krankenhaus. In den 60er Jahren war es wohl das modernste Krankenhaus in ganz Südamerika und nun ist es mit Geröll bedeckt. Die Siedlung ist inzwischen aber eine nationale Gedenkstätte und wird in ihrer jetzigen Form erhalten und nicht weiter verschüttet.

Anschließend erklärte der Touristenführer uns den Prozess vom Bergen der Gesteine bis zum Verkauf der Mineralien. Da der Abraum rund um den Tagebau geschichtet abgeladen wird, sieht er von weitem wie eine Torte aus und wird auch so genannt.
Und danach fuhr unser Reisebus in den Schlund der Mine. Geschützt mit Helm und Schutzweste sahen wir in die riesige, ellipsenförmige Grube, die 8 Millionen Quadratmeter groß und über ein Kilometer tief ist.

Große Bagger verbreitern 365 Tage im Jahr rund m die Uhr das Loch und Laster mit einer Raddurchmesser von 4 m transportieren die kostbare Ware aus der Tagebaumine hinaus. Die Fahrzeuge bewegten sich wie in einem geschäftigen Armeisenbau.

Gesteins- und Sandschwaden flogen in den Wüstenhimmel hinauf. An diesem Tag sahen wir wohl eines der erstaunlichsten Werke des Menschen und gleichzeitig eine riesige Naturzerstörung.
Ab 2020 soll der Tagebau komplett eingestellt werden. Danach wird hier ausschließlich Untertage weiter geschürft, weil es effektiver ist.

Abends hielten wir an einer LKW-Raststätte mit kostenlosen warmen Duschen. Zum Abendbrot gab es Rührei und Tomatenbrot. Drei Meter weiter kochte neben seinem Camper mit kanadischem Kennzeichen Stefan für sich und seine Frau Silke. Wir freundeten uns mit den Weimarern an und verbrachten den Abend mit den beiden gemütlich am Campingtisch unterm Sternenhimmel.

Die beiden hatten uns den Tipp gegeben, dass es unweit der Raststätte ein Stellwerk mit spannenden Fotomotiven gäbe. Am Mittwochmorgen erkundeten wir es und fanden rostige Lokomotiven und Waggons, die bestimmt viele Geschichten erzählen könnten.

Unser Naturhighlight des Tages fanden wir später an der Küste vor der Stadt Antofagasta. Dabei handelte es sich um das Wahrzeichen der Stadt: Der Naturfelsbogen La Portada. Um ihn herum tummelten sich viele Möwen, Kormorane, Pelikane, Geier und wohl auch Humboldtpinguine – die wir aber nicht ausmachen konnten. Hinter der Steilküste zeigte sich schon die Hochhaussilhouette der zweitgrößten Stadt Chiles.

Antofagasta hat 338.000 Einwohner und wird durch die Atacamawüste auf der einen Seite und dem Pazifik auf der anderen Seite eingefasst. Am Fischmarkt gab es ein Fischbrötchen für Alex und ein Fischempanada für Anni.

Gut gestärkt liefen wir am Hafen entlang. Die alte Mole, die schon 1880 entstand, hatte die Stadt schön restauriert.

Danach besuchten wir das Stadtmuseum. Antofagasta wurde 1870 gegründet. In der Blütezeit des Nitratabbaus entstanden viele schicke Gebäude, die man in der Altstadt, dem Barrio Historico, noch entdecken kann. Auf der Plaza Colon war ein deutlicher britischer Einschlag zu sehen. Nicht nur die Kirche und der Musikpavillon wirkten europäisch, in der Mitte des Platzes stand ein Nachbau des Big Ben in London. Auch der Glockenklang soll seinem britischen Vorbild entsprechen. Als wir gegen 14 Uhr dort waren, erklang ihr Glockenklang jedoch nicht.

Es gibt in der Nähe des Hafens noch einen historischen Bahnhof. Er stellte die Endstation der Linien von La Paz an die Küste dar. Diese Region war einst Teil Boliviens, fiel aber im Chilenisch-Bolivianisch-Peruanischen Krieg an Chile. Seitdem hat Bolivien keinen eigenen Meerzugang, was bis heute für Streit zwischen beiden Ländern sorgt.

Auch hier sahen wir Lokomotiven aus vergangenen Zeiten und eine Londoner Telefonzelle. Witzig 😉

Zurück am Hafen zog ein Seelöwe noch seine Runden und hoffte auf frische Fischhappen von den Fischersleuten.

Vollgetankt wagten wir uns wieder auf die Piste durch die staubige Atacama-Wüste. Schon bald winkte uns die Handskulptur „Mano del Desierto“ aus der Ferne zu. Die Hand war filigraner gearbeitet als die Fingerkuppen des selben Künstlers, die wir im Januar in Punta del Este in Uruguay gesehen hatten. Dafür stürmte es hier gewaltig. Aber die Fotosession machte so richtig Spaß.

Abends hielten wir einige hundert Meter abseits der Panamericana auf einem Hügel und schnippelten Gemüse um die Wette. Dann wurde in dieser einsamen Mondlandschaft losgekocht. Zum Abendessen erleuchtete der Vollmond die Landschaft und wir genossen, warm angezogen, die Stille und Einsamkeit des Atacama-Abends.

Am nächsten Morgen mussten wir leider unseren dritten Platten der Reise feststellen. Also hieß es nach dem Frühstück mal wieder Ersatzrad raus und Reifenwechsel. Inzwischen ist Alex darin so geübt, dass wir nach wenigen Minuten startklar waren.

Anschließend ging es 250 km weiter durch die Wüste bis nach Bahia Inglesa. Nun fehlten uns weniger als 1.000 Kilometer bis nach Santiago de Chile. Dort wollen wir unser Auto wieder verkaufen.

Da es bereits Nachsaison war, fanden wir direkt am Strand von Bahia Inglesa einen wunderbaren Standplatz für unser Auto und konnten den Nachmittag und Abend am Strand verbringen. Der Ort ist wohl nach britischen Piraten benannt, die dort im 17. Jahrhundert vor Anker gingen. Einen vergessenen Goldschatz haben wir zwar nicht gefunden. Dafür einen niedlichen Kaffeelöffel. Der kommt als Andenken mit nach Deutschland. 🙂

In den kommenden Tagen wird der Reifen geflickt und es geht an der Küste entlang weiter in Richtung Santiago de Chile.

Hier könnt ihr nachverfolgen, wo wir schon waren und gerade sind: https://www.polarsteps.com/AlexEcke/1155771-sudamerika

3 Kommentare

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Ihr Lieben!Wir haben wieder sehr Euren Bericht verfolgt. Wirklich spannend.Die Familie lässt Euch sehr lieb grüßen und das Ihr die letzte Zeit,gut mit dem Auto hin bekommt.Weiter eine gute Fahrt!Alles Liebe Eure Familie.

Krass! Nun ist es bald soweit, dass ihr euer Auto verkaufen müsst. Die Zeit ist wirklich geflogen. Drücke die Daumen, dass ihr jemanden findet, der euch einen guten Preis dafür zahlt.

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