Am Montag, den 11. Februar reisten wir ohne jegliche Kontrollen dafür aber auch ohne einen Stempel im Reisepass (die argentinische Ausreise auf einer Quittung gilt als temporäres Visum) nach Bolivien ein. Unsere Zeitverschiebung nach Deutschland betrug nun fünf Stunden.
Im Norden Argentiniens wurde es schon offensichtlicher, aber in Bolivien fielen wir nun wirklich als Ausländer durch unser europäisches Aussehen auf. Bolivien ist das indigenste Land Südamerika. Die Frauen, genannt Cholitas, frisieren oft ihre schönen dunklen Haare als zwei dicke nach hinten geflochtene Zöpfe und tragen bunte Faltenröcke und einen Stoff- oder Strohhut an. Ihren Nachwuchs transportieren sie um ihren Körper geschlungen in bunten Stoffen. Die Männer sind weniger auffällig gekleidet. Es gibt viele Busse, Kleintransporter und kleine dreiräderige, motorbetriebene Fahrzeuge (ähnlich wie Alex altes Krauseduo), die die Menschen von A nach B bringen.
Mit diesen vielen Eindrücken bepackt, ging es für uns raus aus dem Grenzort und rein in die erste Mautstation. Beim Bezahlen mussten wir genau angeben, wohin wir fahren wollen. Dafür bekamen wir einen Bon, der ein paar Kilometer beim nächsten Polizeicheckpoint kontrolliert wurde. Anschließend suchten wir einen Schlafplatz auf einer etwas abgelegenen Bergkette. Kurz vor Sonnenuntergang trieben zwei Kinder Ziegen an uns vorbei ins Tal. Für das jüngere Kind, vielleicht sechs Jahre alt, waren wir wohl die ersten Europäer, die es in seinem Leben gesehen hat. Auf jeden Fall blieb der kleine Junge lange stehen und betrachtete uns gebannt, ohne dabei ein Wort zu sagen.
Später am Abend zog am Horizont ein riesiges Gewitter auf. Wir fuhren doch lieber etwas den Berg hinab und beobachten zum Einschlafen die wunderschönen, weit entfernten Blitze am Himmel.
Am nächsten Morgen standen wir auf und am Straßenrand stand ein vielleicht 16 Jahre alter junger Mann. Auch er beobachtete uns mit viel Neugier, bis ihn ein Bus aus dem Nirgendwo her abholte. Wir fuhren in die nächste Stadt Tupiza, in der es bald zu regnen begann. Wir müssen uns wohl darauf einstellen, dass uns der Regen nun öfter überrascht, denn im Januar und Februar ist Regenzeit im Altiplano. In einem Restaurant überlegten wir die weitere Route und tranken heimischen Tee dazu, der gegen die Höhenkrankheit helfen soll.
Danach steuerten wir in Richtung Südwestbolivien weiter und waren z.T. auf einer Höhe von rund 4.100 m über dem Meeresspiegel. Krank fühlten wir uns aber nicht. Unfreundlich waren jedoch Starkregenattacken in Verbindung mit Matschpisten, großen Steinbrocken auf der Straße und Löchern im Straßenbelag!
Im Ort Uyuni tankten wir. Da es sehr günstige Benzinpreise für eine Einheimische und stark überteuerte Benzinpreise für Ausländer gibt, konnte Alex mit seinem Verhandlungsgeschick uns einen rund 15 Euro niedrigen Preis beim Tankwart aushandeln, als es der Touristenpreis für uns gewesen wäre.
Danach schlichen wir mit unserem Auto langsam durch die Straßen der Stadt, da sie teilweise mit einer 20-cm-Wasserschicht überspült waren und allseits der Matsch herrschte. Da unter der Wasserfläche natürlich auch die allgegenwärtigen Löcher warteten, wussten wir nie, wie tief wir gleich einsinken werden. Zu große Pfützen lief Anni sicherheitshalber mit ihren pinken Gummistiefeln aus Santiago ab. Gut, das würde hier auch keine Frau machen, aber sinnvoll war es doch, denn wir blieben nirgendwo stecken.
Uyunis größte Sehenswürdigkeit ist der Eisenbahn-Friedhof. Viele alte Güterwaggons und Dampflokomotiven, die noch den Glanz des vergangenen Jahrhunderts zeigen, als Uyuni ein wichtiger Umschlagplatz war, sind, hier Rost und Witterung ausgesetzt.
Da der Regen wieder stärker wurde und wir in einiger Entfernung zum Ort waren, entschieden wir für eine Nacht hier zu bleiben. Müde von den vergangenen Tagen ging es früh ins Bett. Gegen 23 Uhr weckte uns ein klopfender Polizist. Nachdem er wusste, dass wir Touristen waren, lies er uns weiter schlafen. Etwa drei Stunden später klopfte es abermals an die Scheibe und zwei weitere Polizisten wollten erfahren, warum wir hier schlafen und woher wir kommen. Anscheinend ging es ihnen um unsere Sicherheit, aber wir waren einfach nur noch genervt und müde. Auch sie ließen uns danach in Ruhe. Aufgewacht (nicht ausgeschlafen) erkundeten wir noch einmal die alten Bahnanlagen, nun aber bei wunderbarem Sonnenschein.
Nun sollte es aber zum eigentlichen Grund unseres Uyuni-Besuchs gehen, der Salzwüste. Gegen Mittag erreichten wir ein Salzhotel. Die Wände und Stützbalken waren aus riesigen Salzsteine gebaut.
Die Salzsteine stammen aus der nahegelegen Salar de Uyuni. Der See trocknete vor über 10.000 Jahren auf 3.653 m über dem Meeresspiegel aus und zurück blieb eine dicke Salzschicht. Noch heute wird hier Salz abgebaut. Mit 12.106 km² handelt es sich um den größten Salzsee der Welt. Er ist umgeben von Vulkanen.
Da wir leider zur Regenzeit diesem zauberhaften Ort besuchten, kam uns der See gar nicht so trocken vor. Auf dem Salz hatte sich eine zehn bis 25 cm dicke Wasserschicht abgesetzt, die durch das Salz nicht versickerte, sondern nur durch die Sonne wieder nach und nach verdampft. Gerade am Anfang des Sees gab es viele große Steine und das Wasser stand höher, so trauten wir uns mit unserem Auto nicht auf das Wasser. Das war aber nicht schlimm, denn das Wasser hatte sich durch die Sonne erwärmt, so dass wir einfach ein paar Kilometer Barfuss hineinliefen. Eine tolle Erfahrung! Die anderen Touristen ließen sich mit Jeeps hereinfahren.
Durch das Wasser konnten wir klasse Bilder mit Spiegeleffekt machen. Der Horizont scheint zu verschwinden.
Danach hatte wir eine ganz schöne Salzkruste an den Beinen und gönnten uns im städtischen Badehaus eine warme Dusche.
Beim Mexikaner bestellte sich Alex zum Tagesausklang die regionale Spezialität Lamafilet. Das ist leider nicht zu empfehlen – sehr zäh.
Wir schliefen ein paar Kilometer außerhalb mit Blick auf den Salzsee.
Am Donnerstag, den 14. Februar durchquerten wir eine Atemberaubende Landschaft und erreichten schließlich eine der höchsten Städte der Welt: Potosi.
Sie liegt auf über 4.000 m über dem Meeresspiegel. Damit das viele Salz der vergangenen Tage keinen Schaden anrichtet, gab es auch eine Wäsche mit Unterbodenreinigung für unser Auto.
Wir spendierten uns eine große Pizza und ein Zimmer in einem Hostel, da es wirklich ein sehr nasskalter Abend war.
Freitag, der 15. Februar überraschte mit richtig warmen Temperaturen. Von der Dachterasse unseres Hostals aus hatten wir einen wunderbaren Blick auf die Stadt. In lauen Sommerabenden kann man sich nach dort oben kalte Getränke über eine Gegensprechanlage und einen Lastenaufzug bringen lassen. Was für eine tolle Idee! Wenn wir mal eine Dachterrasse haben, brauchen wir das unbedingt auch.
Nach dem Frühstück schafften wir es endlich einmal, unsere Freunde Jessi und Robert in Hanoi zu erreichen. Die beiden reisen gerade für drei Monate durch Südostasien – zwölf Stunden Zeitunterschied zu uns.
Anschließend schlenderten wir durch die Stadt und sahen uns nacheinander die folgenden schönen Kolonialbauten an: Torre de la Compania de Jesus, Plaza 10 de Noviembre und Kathedrale von Potosi.
Überall bespritzten sich Schulkinder laut lachend mit Seifenschaum, da wohl an diesem Wochenende die Karnevalszeit bei den Bergarbeitern eingeläutet werden sollte. Wir bekamen auch ein Bisschen ab. 🙂
Nachdem man Erzvorkommen im Hausberg der Stadt – dem Cerro Rico – gefunden hatte, wurde 1545 Potosi gegründet. Im Berg konnten auch große Silbervorkommen abgebaut werden, welche in der Folge das gesamte Spanische Reich finanzierten. Noch heute bezeichnet man in Bolivien etwas sehr Wertvolles als „Vale un Potosi“ (wertvoll wie Potosi).
Laut Reiseführer war Potosi in seiner Blütezeit die reichste und größte Stadt des amerikanischen Kontinents. In den wunderschönen Kolonialbauten der historischen Innenstadt sieht man diese Vergangenheit auch noch, in anderen Stadtteilen ist von Reichtum aber keine Spur.
Heute werden zwar immer noch Metalle im Cerro Rico abgebaut, das Silber haben die Spanier aber fast vollständig geplündert. Den Cerro Rico (reicher Berg) nennt der Volksmund deshalb inzwischen auch Cerro Pobre (armer Berg).
Wir schlossen uns einer Tour durch ein Bergwerk an. Die Gruppe bestand aus vielen Chilenen, einem anderen deutschen Pärchen, zwei Japanierinnen und uns. So wurde die Gruppe in eine Englische und eine Spanische Tour geteilt. Ausgerüstet mit Schutzkleidung, wie Helm mit Kopflampe, langer Kleidung, Mundschutz und Gummistiefeln bekamen wir von einem ehemaligen Bergarbeiter die wichtigsten Utensilien Untertage gezeigt.
Es handelt sich (anscheinend zum Betäuben der Anstrengungen, Schmerzen und schlechten Luftverhältnisse) um Kokablätter; Zigaretten aus Zimt, Kokablättern und Tabak sowie einem Schnaps mit 95% Alkohol, der aber nur freitags nach getaner Arbeit genippt wird. Zudem zeigte er uns eine Dynamitstange, die man auch hätte kaufen und im im Stollen zünden können. Die Gruppe entschied sich geschlossen dagegen.
Lampen an und dann ging es ins Bergwerk. Gleich nach den ersten 100 Metern sahen wir Bergarbeiter, die per Muskelkraft eine vollbeladene Lore auf Schienen nach draussen beförderten.
Wir konnten ihnen auch Fragen stellen. Sie arbeiten wohl fünf bis sechs Stunden am Tag und haben nur, eine fünfzehnminütige Pause. Die Luft war stickig und je tiefer wir in den Berg hervordrangen, um so wärmer und enger wurde es.
Gut, dass wir einen Helm auf hatten, denn manchmal stießen wir uns an den tiefen Decken. Der Boden war oft durch in den Berg eindringes Regenwasser überspült. Es hatte eine giftig, rote Farbe. Manche Stollen waren mit bunten Karnevalsketten geschmückt. Ab und zu ließen wir zurvor eingekaufte „Geschenke“, wie eine große Flasche mit Limonade und verpackte Kokablätter, am Wegesrand für die Minenarbeiter liegen.
Gerade die Minenarbeiter, die direkt die Gesteine aus dem Berg mit Maschinen heraus schlagen, haben wohl nur eine Lebenserwartung von 40 bis 50 Jahren und sterben dann an den Vergiftungen. Nicht selten sind aber auch tötliche Unfälle durch Gasexplosionen, Steinschläge oder Stürtze in tiefe Bodenlöcher. Im Durchschnitt sterben hier jährlich 30 Bergarbeiter durch Unfälle. Eine bedrückende Stimmung breitete sich unter uns Touristen aus. Diese löste sich aber, als wir den Bergbaugott Tio, einen Teufel, besuchten. Um ihn herum saßen fröhlich trinkende und rauchende Bergarbeiter, die mit Tio und uns ihren Schnaps am Freitagabend teilten.
Ewas beduselt von der stickig-feuchten Luft ging es nach zwei Stunden wieder raus aus dem Stollen. Obwohl wir nur gelaufen waren, fühlten wir uns, als hätten wir den ganzen Tag hart gearbeitet.
Neben hübschen Kartoffelfeldern fanden wir danach einen Schlafplatz in den Bergen.
Nach etwas mehr als zwei Stunden Fahrtzeit erreichten wir am Samstag, den 16. Februar in die schöne UNESCO-Weltkulturerbe-Stadt Sucre. Aufgrund der Tallage herrschen hier wärmere Temperaturen als in Potosi. Da mittags die meisten Museen geschlossen waren und die Kathedrale der Stadt gerade renoviert wurde, ging es auf den großen Markt.
Dort erneuerten wir unsere Obst- und Gemüsebestände sowie kauften ein paar Nüsse und Chilies dazu ein. Zudem naschten wir eine Nusssuppe mit einem großen Fleischklumpen, Nudeln und Kartoffeln sowie Nudeln mit Kartoffeln und Gulasch.
Die Kartoffel stammt ja von hier und so gibt es hier sehr viele, in Europa völlig unbekannte, Kartoffelsorten zu kaufen. Sie werden auch fast zu jedem Essen gereicht. Auf dem Markt bettelten einige Frauen, Männer und auch Kinder. Einem um Essen bettelndem Jungen gaben wir den Fleischbrocken aus der Suppe und er aß es sofort auf.
Nachdem alle unsere Köstlichkeiten des Marktes im Auto verstaut waren, sahen wir uns die Plaza de 25 Mayo und von außen das nationale Polizeibüro mit großer Kuppel an.
Unser Highlight des Tages war jedoch die Casa de la Libertad (Haus der Unabhängigkeit). In Sucre wurde nämlich am 6. August 1825 die Unabhängigkeit von Spanien unterzeichnet. Simon Boliviar trieb diesen Prozess an und aus Dankbarkeit nannte man das Land seitdem nicht mehr „Peru Alto“, sondern „Bolivia“. Die Unabhängigkeitserklärung unterzeichnete ein Senior Sucre und deshalb heißt noch heute die Stadt so. Sucre ist die Hauptstadt Boliviens, obwohl der Regierungssitz in La Paz ist.
Bei einer Führung konnten wir in den Raum der Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung (eine ehemalige Kirche) sehen. Die Erklärung selbst wird ebenfalls dort ausgestellt.
Zudem erfuhren wir, dass in Bolivien bereits mehr als 50 Präsidenten geherrscht haben. Der derzeitige Präsident Morales ist aber der erste, der aus einer Indigenen Familie abstammt.
Als Belohnung für so viel Geschichte ging es erst Eisessen und dann zum Franziskanerkloster Recoleta.
Von dort hatten wir einen traumhaften Blick über die wahrscheinlich hübscheste Stadt Boliviens.
Kurz vor Sonnenuntergang fuhren wir aus der Stadt und zum Steinbruch des Zementwerks der Stadt. Dort hat man in den 1990ern die größte Konzentration an Dinosaurierspuren (mehr als 5.000 Fußabdrücke) gefunden. Leider waren wir so spät dran, dass der dazugehörige Kreidezeitpark schon geschlossen hatte. Schade.
Wir schliefen am Rio Chico bei Teja Huasi und frühstückten ein paar Kilometer weiter in Richtung Cochabmba.
Auf unserem Weg nach Cochabamba tankten wir in Aiquile – Alex verhandelt immer besser – für etwa 50 Cent pro Liter. So kann es gern bleiben! 🙂
Hier könnt ihr nachverfolgen, wo wir schon waren und gerade sind: https://www.polarsteps.com/AlexEcke/1155771-sudamerika
3 Kommentare
Kommentieren →Haha! Maduro hat jetzt auch die Präsidentschaft in Bolivien übernommen? 😂
Morales heißt der gute… 😘
Ups. Gleich geändert 😉
Ihr Lieben!Das Salzbergwerk ist wirklich sehr aufregend,daß Ihr das Euch zugetraut habt ;finden wir sehr bewundernswert .Wirklich spannend. Der Salzsee hat uns sehr beeindruckt. Also viel Freude noch an Eure Reise. Eure Familie